ZZ-R 600 – Nockenwelle entnommen, Tassenstößel ausgebaut, Steuerkette hochgebunden

ZZ-R 600 Ventilspiel einstellen

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Das Ventilspiel ist bei der ZZ-R 600 laut Werkstatthandbuch (WHB) erstmalig bei 800km, dann bei 10.000km und folgend alle weiteren 10.000km zu prüfen und bei Bedarf einzustellen. Gekauft habe ich mein Motorrad mit rund 42.000km, nun stehen reichlich 56.000km auf der Uhr und das Ventilspiel war mit unbekannt, ebenso wann der letzte Service diesbezüglich durchgeführt wurde. Höchste Eisenbahn also, dies nachzuholen!

Als Leitfaden hierfür kann ich das Tutorial im ZZ-R-Forum sehr empfehlen sowie das WHB selbst. Im Forum gibt es zusätzlich noch einen Excel-Download einer Ventilspiel-Tabelle, welche die Darstellung des Ventilspiels und Berechnung der Shims stark vereinfacht.
Um an die Ventile zu gelangen, müssen Tank, Luftfilterkasten, Vergaser, Zündspulen und Luftleitblech über/vor dem Ventildeckel sowie der Ventildeckel selbst demontiert werden. Im Zusammenhang mit dem Vergaser sind die Bowdenzüge auszuhängen und aus dem Arbeitsbereich zu entfernen. Bilder während der Arbeiten helfen, Bowdenzüge, Kabel und kleiner Halter später an ihrem richtigen Platz wiederzufinden.

Ist der Ventildeckel demontiert, kann das Ventilspiel bestimmt werden.

Ich hab hierfür Fühllehren in 0,05mm-Abstufung benutzt. Passt eine Fühllehre leicht zwischen Nocke und Tassenstößel (z.B. 0,10mm), versuche ich eine Abstufung größer (0,15mm). Passt diese „saugend“  zwischen Nocke und Tassenstößel, ist dies das Ventilspiel (0,15mm). Passt diese nicht und stößt auf, da Spalt zu klein, notiere ich 0,13mm als gemittelten Wert zwischen beiden Fühllehren-Abstufungen.

Die ermittelten Werte wurden in die Ventilspiel-Tabelle eingetragen. Gegenüber der ursprünglichen Tabelle habe ich noch eine grafische Auswertung in Form eines Diagramms für Einlass- und Auslass-Ventilspiel eingefügt.

  • Ventilspiel Auslass SOLL: 0,22…0,31mm
  • Ventilspiel Einlass SOLL: 0,15…0,24mm

Im Diagramm sind min. und max. Ventilspiel jeweils durch eine rote Line gekennzeichnet, die dünne grüne Linie zeigt die Mitte zwischen min. und max. Wie zu erwarten war, hat sich das Ventilspiel verkleinert und unterschreitet die min.-Vorgabe teils, einmal sogar deutlich (Zylinder 4, Einlass). Ursache für ein über die Laufzeit immer kleiner werdendes Ventilspiel ist, dass sich das Ventil in seinen Ventilsitz im Zylinderkopf einarbeitet und somit immer Näher Richtung Nockenwelle „wandert“.

Nachdem alle Werte notiert sind, können die Nockwellen ausgebaut werden. Dazu die Kurbelwelle auf OT (Oberer Totpunkt) für Zylinder 1 und 4 drehen (im Uhrzeigersinn, rechts herum). Zur Kontrolle: Markierungen auf den Kettenrädern der Nockenwelle müssen mit dem Zylinderkopf fluchten (siehe Markierung in den Bildern). Einlass-Markierung („IN“) auf Einlass-Nockenwellenkettenrad und Auslass-Markierung („EX“) auf Auslass-Nockenwellenrad. Steht Kurbelwelle auf OT Zyl. 1/4 und Markierung auf Einlass-Nockenwelle zeigt „EX“ sowie Auslass-Nockenwelle zeigt „IN“, dann Kurbelwelle um 180° weiter drehen, bis diese wieder auf OT Zyl. 1/4 steht. In dieser Stellung wird dann per Farbe/Lack die Steuerkette mitsamt den Steuerkettenrädern markiert, sodass beim Wiedereinbau die korrekte Lage zueinander einfach wiederhergestellt werden kann. Die Schrauben der Lagerbrücke der Nockenwellen werden in umgekehrter Reihenfolge ihrer Kennzeichnung gelockert, also 16, 15, 14, … 3, 2, 1. Sind alle Schrauben gelockert, können diese ganz herausgeschraubt und die Lagerbrücken abgenommen werden. Zur Entnahme bietet es sich an, eine zweite Person mit einzuspannen, welche die Steuerkette hoch- und festhält, sodass die Nockenwelle nach rechts entnommen werden kann und die Steuerkette selbst etwas unter Spannung bleibt. Dies ist wichtig, damit diese nicht vom Kettenrad der Kurbelwelle rutscht, ansonsten erhöht sich der Schrauberaufwand 😉
Da der Motor Baujahr 1993 ist und somit auch die Dichtungen schon in die Jahre gekommen sind, habe ich mich entschlossen die im Bild gekennzeichneten Dichtungen zu ersetzen. Teil fühlten sich diese schon sehr hart an, sodass ein Wiedereinbau derer mit einem gewissen Risiko von Undichtigkeiten einhergeht. Setzt man Aufwand und Kosten für neue O-Ringe ins Verhältnis wird schnell klar, dass sich der Tausch durchaus lohnen kann. Wie gesagt, das muss man „live“ an „seinem“ Motor herausfinden und stellt keine allgemeine Empfehlung dar. Auch die „8“, welche die Zündkerzenbohrung sowie eine Hülse umfasst empfiehlt sich zu wechseln (nicht im Bild markiert).
Ein Lappen im Schacht der Steuerkette gestopft ist empfehlenswert, damit keine Kleinteile in den Untiefen des Motors verschwinden können.

Sind beide Nockenwellen entnommen, können die Tassenstößel herausgenommen werden. Bei mir klappte dies ohne Zuhilfenahme eines Magnethebers, einfach mit 2 Fingern angreifen und gerade nach oben entnehmen. Es bietet sich auch hier gleich an, die Dichtfläche des Zylinderkopfs Richtung Ventildeckel zu reinigen. Dabei darauf achten, dass kein Schmutz und Silikonreste vom Einkleben der Gummidichtung in den Zylinderkopf (im Bereich der Rundungen) fällt bzw. diesen wieder entfernen.

Die verbauten Shims „klebten“ alle ausnahmslos innen an den Tassenstößeln fest und konnten mit einer Zange vorsichtig entnommen werden. Die Entnommenen Shims wurden vermessen und die Ergebnisse in die „Ventilspiel-Tabelle“ eingetragen. Damit die Zuordnung Zylinder-Nummer und Einlass/Auslass <-> Tassenstößel erhalten bleibt (wichtig!), bietet sich ein entsprechend vorbereitetes Blatt Papier an, wo der Verbauort klar gekennzeichnet ist.

Sind die neuen SOLL-Werte für die Shims bestimmt, können diese wieder eingebaut werden. Dazu die Shims einfach oben auf die Vertiefung am Ventil legen und das zugehörige Tassenstößel wieder aufsetzen.

Bevor Nockenwelle und Nockenwellenlagerbrücke wieder eingebaut wurden, wurden die bereits oben genannten Dichtungen ersetzt.

  • O-Ringe für Öl-Versorgung der Nockenwellenlagerbrücke:
    2x 8,0 x 2,0mm
    (Kawasaki Original Ersatzteilnummer: 670D1508)
  • O-Ringe an den Hülsen zu den Membranventilen im Ventildeckel
    4x 11,5 x 1,5mm
    (Kawasaki Original Ersatzteilnummer: 92055-1469)
  • O-Ringe an den Zündkerzen-Schächten
    4x 27,5 x 2,0mm
    (Kawasaki Original Ersatzteilnummer: 92055-1470)

Alle O-Ringe in Qualität „NBR70″, bestellbar unter anderem bei IR-Dichtungstechnik und/oder hug.

Beim Einlegen der Nockenwellen (auf „IN“ und „EX“ achten) werden die Steuerkettenräder nach den Farbmarkierungen auf der Steuerkette ausgerichtet und die Nockenwellenlager mittig in die Nockenwellenlagerstellen im Zylinderkopf eingelegt. Beide Nockenwellenlagerbrücken werden so aufgelegt, dass Stifte und Ölhülsen korrekt zueinander ausgerichtet sind. Im Anschluss werden die Brücken umlaufend, vorsichtig und Stück für Stück mit den Schrauben  in Reihenfolge 1, 2, … 15, 16 runtergezogen, sodass die Brücken gleichmäßig auf dem Zylinderkopf aufliegen und die Schrauben nur leicht handfest die Brücken halten. Im Anschluss erfolgt das Festziehen der 16 Schrauben der Reihe nach mit 12Nm.
Es folgt das Einsetzen des Steuerkettenspanners, die Verwendung einer neuen Dichtung bietet sich an. Auch bei diesem auf die korrekt Lage entsprechend WHB achten, vorher den Spannschuh entriegeln und ganz in den Steuerkettenspanner hineinschieben, sodass dieser nach dem Einsetzen korrekt die Steuerkette spannen kann. Beide Befestigungsschrauben werden ebenfalls mit 12Nm angezogen, anschließend wird die Feder samt Führungsdorn eingesetzt und die Spannschraube mit ihrer Kupferdichtung festgezogen.

  • 1x Dichtung Steuerkettenspanner
    (Kawasaki Original Ersatzteilnummer: 92055-1470)

Nun wieder der Motor wieder „verschlossen“. Also, Dichtflächen an Zylinderkopf und Ventildeckel kontrollieren, ggf. nachreinigen und darauf achten, dass kein Schmutz in den Zylinderkopf fällt. Die Reinigung des Ventildeckels versteht sich von selbst 😉 In meinem Fall musste ich umlaufend Silikon aus der Dichtnut des Ventildeckels entfernen – der Vorbesitzer hat hier großzügig mit Dichtstoff gearbeitet.
An den Zündkerzen-Schächten werden die Dichtungen (die „8-en“) montiert – auf korrekte Lage und Ausrichtung (oben/unten) achten. Die neue Ventildeckeldichtung habe ich an den Rundungen mit Dirko HT eingeklebt. Dazu den Dichtstoff sparsam in die Rundungen dispensen und die Ventildeckeldichtung einlegen. Anschließend Ventildeckel aufsetzen und vorsichtig einschwimmen/einrütteln, sodass der Steg der Dichtung umlaufend in der Nut den Ventildeckels sitzt. Dies ist umlaufend zu kontrollieren, damit die Dichtung auch wirklich voll wirksam ist und nicht verquetscht wird. Nun die Dichtscheiben (bei Bedarf neue) in die 8 Bohrungen des Ventildeckels einlegen. Hier darauf achten, dass die Dichtlippe der Dichtscheibe nach unten zeigt, also direkt gegen den Ventildeckel drückt. Die 8 Schrauben sind laut WHB mit 9,8Nm festzuziehen.
Es folgen nun der Anbau aller anfangs abgenommenen Anbauteile: Windleitblech (dazu die beiden Sekundärluftsystem-Ventile kurz demontieren um Platz fürs Einlegen des Windleitblechs zu schaffen), Vergaser, Zündspulen, … je nachdem was sonst noch alles demontiert wurde. Auf der rechten Seite des Motorgehäuses wird der Deckel vom Zündgeber wieder montiert. Auch hier je nach Zustand der alten Dichtung ggf. eine neue einsetzen.
Bestellnummern der Dichtungen:

  • 1x Dichtung Ventildeckel
    (Kawasaki Original Ersatzteilnummer: 11009-1991)
  • 8x Dichtscheiben an Ventildeckelschrauben
    (Kawasaki Original Ersatzteilnummer: 92055-1352)
  • 1x Dichtung an Motordeckel Zündgeber
    (Kawasaki Original Ersatzteilnummer: 11009-1991)
  • 4x Dichtungen Zündkerzenschächte („8’en“)
    (Kawasaki Original Ersatzteilnummer: 11009-1990)

So, das war’s 😉

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